Warum tu ich mir das an?

Es gibt ihn wahrscheinlich im Leben eines jeden Bloggers. Diesen einen Moment. Gerne auch mal öfter. Den Moment in dem man sich als Blogger fragt

Warum tu ich mir die Scheiße an?

Aus eigener Erfahrung und Feldstudien mit Bloggern, die weit mehr Reichweite haben als mein kleiner Blog, scheint das ganze wohl in einem mathematisch-psychologischen Zusammenhang zu gipfeln.

Dem unausweichlichen Zusammenhang zwischen eigenem Anspruch, Erfolg in Form von Zugriffszahlen und Feedback und der Themen- und Artikelüberschrifftenwahl.

Irgendwie schafft man es wohl mit einem oder zwei erfolgreichen Blogartikeln in den Wahn zu verfallen, das Niveau dieser Artikel, die an sich ja schon sehr gut gewesen zu sein scheinen, noch übertreffen zu müssen. Und auch wenn klar ist, dass man bei so etwas eigentlich zum scheitern verurteilt sein muss, weil nicht jeder Blogartikel wahrscheinlich aus verschiedenen Gründen die gleiche Anzahl von Menschen anspricht oder entsprechend oft verlinkt wird, man versucht es eben doch. Erfahrungsgemäß, also zumindest bei mir, meistens mit einem Bauchklatscher (Außer es sind mal wieder mehrere großartige P52-Einträge am Stück).

Denn genau zu diesem Zeitpunkt schlägt dann der zweite Bastard zu, der einem als Blogger früher oder später den Tag versaut: Die Zugriffsstatistik!

Was wurde gelesen, wie viele waren da… Oh mein Gott, gestern habe ich gebloggt und die Schallmauer durchbrochen, heute nicht und ich habe nur einen Bruchteil meiner Besucher… Ich muss bloggen. Was bei „ich muss“ rauskommen kann, kann sich jeder wahrscheinlich denken. Statt tiefgründigen Blogeinträgen, die gefavet, geflattrt und geklickt werden, kommt dann meistens Grütze raus. Totale Grütze. Die Besucherstatistik zeigt als Dank nur ein müdes Zucken nach oben und das Ego läuft Amok:

Mein Stil stürzt ab!

Viel schlimmer kommt es dann eigentlich nur noch, wenn ein mühselig zusammengestümperter Ich-müsst-ma-wieder-Eintrag auf einmal zum Renner wird. Warum? Meistens gibt es dafür nur zwei Erklärungen…

  1. Es gibt keine logisch nachvollziehbare Erklärung sondern es sind einfach die seltsamen Gesetze des Netzes dass dieses, in den Augen des Autors, Stück literarische Fäkalie so erfolgreich ist. Folge ist ein Ego-Absturz weil man um Qualität bemüht ist und ein Hirnfurz grad erfolgreich druchstartet.
  2. Man hat sich des Bildzeitungs-Prinzips bedient: Schlechter oder mittelmäßiger Eintrag der im Feedreader/Twitter/Facebook… dadurch zum Eye- und Klickcatcher wird, dass man ihm einfach eine reißerische Überschrift verpasst. Ist ein bisschen wie cheaten und ein kleines bisschen schmutzig fühlt man sich dabei ja schon. (Deswegen auch kein „Titten inside“ im Titel dieses Posts)

Generell muss man wohl aber davon ausgehen, dass es einfach kommt wie es kommt (rheinisch-kölsche Übersetzungen spare ich mir hier) und man sich als aufgeklärter Blogger da keine Gedanken drüber machen sollte. Leichter gesagt als getan, wenn man dem Monster „Statistik“ erstmal anheim gefallen ist.

Statt dann gleich die Flinte ins Korn zu werfen sollte man sich als Blogger einfach mal ein paar Fragen stellen

  • Für wen habe ich das ganze eigentlich irgendwann mal angefangen?
  • Warum lesen die Leute jetzt schon wie verrückt meine Artikel?
  • Warum tu ich mir das an?

In den meisten Fällen, dürfte die Antwort bei Punkt 1 wohl sehr egoistisch ausfallen

Für mich!

Sei es nun, weil ich mein Leben, meine Gedanken, meine Meinung mit „der Welt da draußen“ teilen will oder nur für mich archivieren will.

Vom Punkt des „privaten bloggens“ werden wohl die Meisten früher oder später eh abkommen. Außer die von mir so geschätzten „Klo-Blogger“ und Menschen, die das mit dem Internet noch nicht so ganz verstanden zu haben scheinen.

Hier ist es wohl ein bisschen wie beim Sex: Alles kann, nichts muss! Man kann zwar über den letzten Herzschmerz, Alkoholabsturz, Stuhlgang, Bettgeschichte schreiben… man muss aber nicht. In Zeiten, in denen man mal schnell nach dem Name googlet sollte man es vielleicht auch nicht. ;) Wenn sich das mal endlich rumsprechen würde… Sicherlich möchte man oft vieles mitteilen oder loslassen was einem auf der Seele brennt, aber ich kann an dieser Stelle nur den Rat von befreundeten Bloggern weitergeben:

DON’T!

Wer es sich von der Seele schreiben will, sollte sich sowas zulegen. Voll oldschool, aber es hilft!

Punkt 2 brennt sich meistens ebenso ein und man sollte es sich auch immer mal wieder vor Augen halten, wenn man wieder mit seinem eigenen Schaffenswerk hadert. Leser, die bis jetzt auf meinem Blog gelandet sind und geblieben sind, sind dort, weil sie den jetzigen Stil und das aktuelle Niveau schon mögen. Warum noch Schnörkel und Firlefanz hinzufügen. In vielen Dingen mag es sicher richtig sein, dass Stillstand gleichzusetzen ist mit Rückschritt, aber beim Schreiben habe ich dann immer das Gefühl, dass es auch ganz schnell in die andere Richtung gehen kann und aus verschiendenen Gründen nach hinten losgehen kann. Sei es nun, weil man sich selber unter Druck setzt und immer höhere Ziele anstrebt oder etwas in Arbeit ausartet, was eigentlich ein Ausgleich oder Hobby sein sollte. Die wenigsten privaten Blogger bloggen wahrscheinlich weil sie davon leben müssen. Also kann man nur sagen:

Entspannen! Eure Leser sind auch beim aktuellen Niveau schon da.

…aber ich möchte mich da nicht ausnehmen.

Der dritte Punkt ist dann wohl das, was einem meist dann entfleucht, wenn sich die Zugriffszahlen dem Boden nähern.

Die erste Antwort darauf ist wohl ein einfaches

Weil es mir Spaß macht!

und der andere Punkt, der wahrscheinlich gerne übersehen oder ausgeblendet wird, ein ganz anderer:

Die Technik ist Schuld an diesem Desaster!

Viele die ich kenne, nutzen hauptsächlich drei Wege um der Welt mitzuteilen, dass es etwas neues gibt in ihrer kleinen Welt

  • Feedreader
  • Twitter-Feeds
  • Social-Networks

Und da tauchen Einträge genau wie oft auf? Richtig! Einmal! Würde ich den ganzen Artikel in den Feed stellen, würden mir sogar die entgehen, die dann eben den Artikel bei Google Reader lesen und gar nicht auf der Seite vorbeischauen. Und außer jemand ist wirklich an den Kommentaren interessiert, wird auch kaum jemand mehrfach einfach so auf dem Artikel vorbeischauen.

Verlinkungen, je nachdem woher, geben kurzzeitig zwar auch nochmal einen gewaltigen Tritt in den (Statistik-)Arsch, aber auch die Stellen von denen die Artikel verlinkt wurden haben meistens eine eher geringe Halbwertszeit. Meistens eben auch nur ein oder zwei Tage.

Worauf es am Ende eben doch immer rausläuft ist eine Sache:

Entspannen!

Nur weil man jetzt raketenhaft mehr Leser hat, heißt das nicht, dass man jetzt auch raketenhaft mehr schreiben muss. Manchmal ist weniger eben doch mehr.

Und was die Leser angeht, nachdem ich ja jetzt nur von einer Seite gesprochen habe: Jeder Blogger freut sich über Feedback. Es gibt glaub ich kaum etwas das auf lange Sicht schlimmer ist als viele Blogeinträge, die einfach so ohne Kommentar bleiben.

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Headerhass

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Meta-Content

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#dreidinge

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Social-Media killed the Blogger-Star

4 Comments

  1. Amen. Insbesondere der Schlusssatz trifft wohl auf sehr viele Blogger zu. Wobei ich über die erste Frage noch nie nachgedacht habe… Inzwischen weiss ich ehrlich gesagt nichtmal mehr, warum ich angefangen habe…

    Sehr toll finde ich auch, dass aus Mit-Bloggern auch gerne mal Freunde werden. Denen erzaehlt man dann vielleicht auch mal Sachen, die nicht auf dem Blog landen.

  2. Tja, es ist halt einfach so, dass Du nicht siehst, ob ich einen schlechten Artikel (den es hier natürlich gar nicht gibt) geöffnet habe und nur bis zur Hälfte überflog, oder einen guten Artikel geöffnet und in einem Rutsch weggelesen habe. Noch schlimmer, wenn ich einen Artikel zum „später lesen“ in nem neuen Tab öffne, dann läd er jedes mal neu, wenn ich den Browser öffne, ganz ohne hohe/niedrige Qualitätsbewertung von mir.
    Jaja, Statistiken… Du weißt ja, rein Statistisch leben im Vatikan 2 Päpste pro Quadratkilometer…

  3. @madse:
    Jap, das auf jeden Fall… Was hier landet ist eh schon stark gefiltert. Wenn ich wollte/könnte/dürfte würde das hier ganz anders aussehen ;)

    @nils:
    Dass das ganze Statistikzeug immer etwas subjektiv ist, stimmt natürlich.
    Aber außer man bekommt zu jedem Artikel 723 Kommentare lässt sich sonst relativ schlecht verfolgen wie viele eigentlich mitlesen. Eben die Sache mit dem Feedback ;) Zumindest über die Referer lässt sich ein bisschen einschränken wie viele Zugriffe es „echt“ gegeben hat.

  4. Den Absatz vor „DON’T“ solltest Du fett markieren! Oder mit blinkenden roten Blümchen umranden. Hauptsache der fällt auf. Ist nämlich wirklich wichtig.
    Und noch zwei unwichtige Vorschläge zum besser werden: Finde und eliminiere das überflüssige kleine b in Punkt 2. Die Punkte könntest du ab dem zweiten auch nochmal zur Erinnerung wiederholen, zumindest aber in der Aufzählung auch Punkt 1, 2 und 3 nennen.
    Auf die Themen für ansprechende und lesenswerte Artikel, die einem einfach mal so nebenher einfallen!

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