Wenn der Schüler zum Meister wird

Wenn der Schüler zum Meister wird

Tomb Raider also.

Das neue. Ich mochte ja Teil eins und Teil 2. Mit dem Rest konnte ich dann schon weniger anfangen, weil es doch irgendwie immer das gleich war.

Ich mochte, und da bin ich wohl ein Sonderling, auch die Filme.

Jetzt kommt Lara also zurück und es soll erklärt werden wie Frau Croft, Frau Croft wurde. Ist ja gerade in, wie man an Batman und Wolverine in den letzten Jahren im Kino sieht und wohl auch, wieder mit Batman, dieses oder nächstes Jahr noch sehen wird.

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Im Vorfeld gab es ja schon viel Geschrei um das Spiel: Brutale Sterbeszenen, Vergewaltigung, Quicktime-Events. Lara Langweilig statt Lara Croft?

Schon an dieser Stelle tue ich mir schwer, standsicher ein „Nein“ in den Raum zu werfen. Aber fangen wir von vorne an.

Lara ist mit einem Team auf der Suche nach einem sagenumwobenen Tempel. Fern ab der heimatlichen Villa mit Dachboden und Labyrinth im Garten, auf einem Schiff unterwegs in asiatische Bermudadreieck. Ohne Pistolen, Rucksack oder ähnliches. Einfach Miss Croft.

Das Spiel ist aber noch keine fünf Minuten alt, da ist schon eines klar: Meine Protagonistin ist eine gefallene Heldin. Und das im wahrsten Sinne des Wortes und nicht das letzte Mal im Spiel. Man schippert nämlich sehenden Auges in das Auge eines Sturmes und es kommt wie es kommen muss: Der Kahn säuft ab und der entscheidende Sprung geht schief.

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Natürlich ertrinkt sie nicht, sondern wird am Ufer der nächsten Insel angeschwemmt, wo sie keiner der anderen Schiffbrüchigen wahr nimmt, sondern es viel mehr von einem der „Einheimischen“ über die Rübe gibt. Licht aus für Lara Croft. Auch das ist bei weitem nicht die letzte erzwungene Verdunklung.

Spätestens im Anschluss wird klar, warum das Spiel ab 18 ist und dass das hier kein Kindergarten ist. Nicht das letzte Mal waten wir durch Berge von Knochen, noch nicht, ganz oder teilverwesten Leichen. Es scheint fast so, als hätten sich die Designer zur Aufgabe gemacht die Leichenberge aus SpecOps optisch zu toppen.

Optisch Top sind auch die Aussenareale. Wie schon zu den guten alten Zeiten bleibt man gerne mal stehen und betrachtet mit heruntergefallener Kinnlade die Landschaft.

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Optisch weniger imposant sind da schon die zahlreichen Höhlen, die überraschenderweise alle mit einer Szene eingeläutet werden: Lara quetscht sich in S-Form durch einen Spalt, der gerade breit genug ist, dass ihre Brüste durchpassen. Ein Wunder der Natur.

Im Gegensatz zu den ersten Teilen ist das hier aber wesentlich weniger ablenkend. Sie stöhnt und ächzt zwar immer noch als würde sie einen Porno synchronisieren, aber ich war von anderen Dingen abgelenkt. Inhaltlichen Dingen.

Ja, als Mann kann ich es hier offen sagen: Während sich Pixelbrüste durch enge Spalten quetschen denke ich über innere Werte des Spiels nach.

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Ich kann nicht mal direkt festmachen woran es liegt. Vielleicht sind es die mittlerweile 17 Jahre zwischen diesem und dem ersten Teil, die mich eine Menge haben sehen lassen, so dass mir das alles ein bisschen bekannt vor kommt. Ich hatte vor lauter Crafting und Klettern und relativ viel OpenWorld immer andere Spiele vor Augen. Vor allem Far Cry 3, mit dem sich Tomb Raider irgendwie sehr viele Gemeinsamkeiten teilt, ging mir dabei nicht aus dem Kopf. Dummerweise mit dem schlechteren Ende für die Meisterin.

Symbolisch dafür ist wohl ein Bild:

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Lara erklimmt einen Funkmast und verlässt ihn per Zipline… Wo hab ich das schon mal gesehen… mehrfach…?

So scheint sich niemand auch zu wundern, wo all die Leichen herkommen oder die vielen Schiffs und Flugzeugwracks. Auch die Story dümpelt eher so vor sich hin. Ein wirklich brennendes Interesse was hinter all dem steckt habe ich nicht entwickelt. Das war bei Far Cry anders. Da wollte ich wissen wie es weitergeht, das Gefühl haben, dass mein Charakter jetzt bereit ist für seine nächste Aufgabe. Da gab es die ganze Zeit die subtile Bedrohung durch die Piraten. Die scheinen bei Tomb Raider nämlich auch eher von der tumben Sorte zu sein.

Zumindest ist der Druck nach Lara zu suchen so groß, dass ich nebenbei noch gemütlich Geocaches suchen kann. Oder dass ich zwar gefangen genommen und aufgehängt werde, aber irgendwer in der Eile vergessen hat, mir meine Axt wegzunehmen. Und meine Pistole… Und meinen Bogen… Und das Sturmgewehr.

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So hübsch also die Landschaft ist, so groß sind dann doch die Momente in denen die perfekte Illusion mustergültig zerstört wird. Auch dadurch, dass man den Mythos ein bisschen entzaubert. Hat man damals noch stundenlang Schiebe-, Dreh- und Hebelrätsel versucht zu lösen, bekommt man die Lösung für die Rätsel jetzt fast auf dem Silbertablett präsentiert. Sollte man da dann immer noch scheitern, bekommt man brav vom Spiel eingeblendet, dass es ja noch diese Art Detektiv-Sicht gäbe, die einem weiterhelfen könne.

Im Grunde ist es also nicht die Vergewaltigung, die ich in den sechs Stunden, die ich bis jetzt gespielt habe, irgendwie verpasst haben muss oder die wohl noch kommt und auch nicht die große Anzahl von Quicktime-Events, sondern es ist das fehlen eines fesselnden und treibenden Elements. Nach sechs Stunden habe ich immer noch keine Ahnung was auf der Insel Phase ist, wer eigentlich mein Gegner ist und warum ich am Lagerfeuer einpenne, wenn meine Freundin gerade einen Fremden getroffen hat. Umso mehr schätze ich mittlerweile den jetzt noch genialeren Vaas aus Far Cry.

Oder wie ich an anderer Stelle gelesen habe: Im Gegensatz zu ihm wird mir aus Tomb Raider wenig in Erinnerung bleiben. Szenen wie der Monolog über Wahnsinn fehlen einfach.

Alles in allem muss ich also eines als Fazit ziehen:

Der Neustart ist in meinen Augen ein glatter Fehlstart geworden. Ein optisch toller, inhaltlich aber eher schwacher Fehlstart.

Selbst bei einer Lara Croft kommt es mir eben mittlerweile nicht mehr nur auf die Anzahl der Polygone an.

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2 Comments

  1. Ich kann mich dem nur anschließen.

    Das Spiel ist toll inzeniert und hat einige denkwürdige Momente, aber das ganze drum herum ist irgendwie mau und zahlreiche „Hä?-Momente!“ trüben das Bild.

    Als es dann auch noch meinen Spielstand zerschossen hat (alle Waffenupgrades, gesammelten EP und optionalen Sammelobjekte waren plötzlich weg. Ich stand quasi nackt in der Mitte des Spiels), verpuffte meine Motivation weiterzuspielen, geschweige den von vorne zu beginnen. Also verschwand es vorerst wieder von der Platte.

    Was ich nicht nachvollziehen kann ist der von dir angesprochene treibende Handlungsfaden.

    Man erfährt ja recht viel durch die Tagebücher der anderen Gestrandeten und spätestens nach dem Flugzeugabsturz weiß man das auf der Insel etwas sehr seltsames zugeht.

    Ach und eine angedeutete Vergewaltigung ist das erste Aufeinadertreffen mit den Inselbewohneren, wo man im Quick Time Event die Pistole erhält. Was glaubst du was der grobschlächtige Kerl mit Lara vor hatte. ;)

    • Achdumeinegüte! Deswegen haben die so einen Aufriss gemacht?! Das war ja… nichts.

      Nachdem ich nicht so ein Fan von Handlung aus versteckten, optionalen Sammelobjekten bin, bleibt für mich der Handlungsfaden bei „Finde mal wieder einen anderen Schiffbrüchigen“. In FC3 gab es ja auch die Briefe der Japaner, die erklärt haben, was da in den letzten Tagen des Krieges passiert ist, hatte aber eben im Grunde nichts mit der eigentlichen Story zu tun. Beim Flugzeugabsturz habe ich ja erst auf eine Wettermaschine und immer noch eingebuddelte japanische Soldaten getippt, die das Ende des Krieges nicht mitbekommen haben. Sind es ja aber nicht…

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