Sie nannten es „Leseausweis“
Ich finde es persönliche irgendwo zwischen lustig und befremdlich, wer und warum sich jetzt alles zum Sitten- und Werteverfall des Buches äußert, kaum dass Amazon auch eine „Leseflatrate“ einführt.
Und auch wenn die Süddeutsche scheinbar nicht nur mit falschen Zahlen um sich schmeißt und so tut als wäre es die erste Leseflatrate überhaupt, so muss ich leider sagen, dass ich dann sowas wie ein „Early Adopter“ war. Immerhin hatte ich schon vor knapp 20 Jahren schon zwei Leseflatrates. Nur hieß es damals eben noch nicht Skoobe, Kindle Unlimited oder wie auch immer hieß sondern schlicht und einfach Büchereiausweis. Auch das war schon nicht mehr innovativ sondern scheinbar schon über einen langen Zeitraum erprobt.
Man konnte damit für einen festen Betrag im Jahr so viele Bücher ausleihen und lesen wie man wollte. Und man musste sie nicht einmal kaufen. Das war, wie heutzutage auch, viel günstiger als sich jedes Buch selber zu kaufen. Denn auch damals galt schon, dass Ressourcen in Form von Regalmetern und Geld irgendwie endlich waren. Man konnte also auch einfach mal ein Buch spontan mitnehmen und nach 30 Seiten feststellen, dass das nix ist und war dann froh, dass man dafür keine Mark ausgegeben hatte und einen Staubfänger im Regal stehen hatte. Finsteren Gerüchten zufolge soll es dieses System auch heute noch geben. Auch mit diesen neumodischen eBooks. Auch schon seit Jahren…
Bei mir hat dieses Konzept des großen Überangebots an Büchern für schmales Geld übrigens nicht dazugeführt, dass Bücher einen geringeren Wert haben, sondern eher dazu, dass ich viel Spaß beim Lesen hatte. Auch dazu, dass ich Dinge gelesen habe, die ich sonst wohl nie gelesen hätte
Manche haben aber scheinbar auch so viel Spaß beim Lesen der seltsamen Artikel über Kindle Unlimited, dass sie der Meinung sind, dass sie jetzt auch was dazu sagen müssten. Auch wenn es inhaltlich noch so leer ist. Manchmal zählt halt einfach der Wille. Oder „Hauptsach‘ ma was g’sagt…“
Wie zum Beispiel beim Herrn Heck, der ja für den Stern bloggen darf (Allerdings denke ich mir da auch immer, dass ich vielleicht auch mehr Mist schreiben müsste und dann auch ein Sternblogger werden könnte.)
Für ihn ist nämlich das Erlebnis des Buchkaufs wichtig. Der spontane, haptische und olfaktorische Genuss beim Besuch einer Buchhandlung. Das Erlebnis etwas in der Hand zu halten…
Aus der Sicht sind dann aber auch diese neumodischen eBooks totaler Mist. Haptisch und olfaktorisch bleibt da nicht viel übrig. Aus dem Regal nehmen und drin blättern ist auch nicht. Also auch im Laden nicht wo man die Dinger auch an der Theke kaufen kann. Und dann schon gar nicht, wenn man, welch Absturz der Romantik, das Ding im Online-Shop des Buchhändlers seines Vertrauens um die Ecke kauft. Reiselektüre scheint der Mann zumindest nicht viel zu kaufen. Oder nicht viel zu verreisen. Denn bis jetzt habe ich noch kein Buch gefunden, vielleicht abgesehen von einem Reclam, das weniger Platz im Koffer wegnimmt als ein eBook. Und ganz ehrlich: Es ist wesentlich angenehmer, wenn einem ein eBookreader beim Einschlafen auf die Nase fällt, als wenn man das mit dem letzten Band Frau Gablé macht. Zumindest die Nummer mit dem eBook-Reader habe ich im Frühjahr mal aufopferungsvoll getestet…
In so fern erschließt sich für mich nicht, warum ich trotz einer Bücherflatrate nicht immer noch in die Buchhandlung gehen sollte. Immerhin kaufe ich auch trotz Comic-Flatrate immer noch Comics.
Wer mir hier predigt, dass es ein Wertverfall der Bücher ist, der weiß den Wert eines Buches wahrscheinlich gar nicht zu schätzen. Zumindest nicht der Bücher, die es einem Wert sind, dass man sie besitzen muss.
Denn auch das kann ein gedrucktes Buch wert sein: Mehr als nur der reine Text zwischen den Buchdeckeln.
Aber wie ich schon sagte:
Hauptsache mal was gesagt.
Und außerdem ist es ja von Amazon.
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