StraBaBlo(g)

Letzte Woche habe ich ihn noch belächelt, den Ralf vom Würzblog, ob seiner Abenteuer mit der WVV. Weil ich’s konnte. Trotz fast gleichem Startpunkt und fast gleichem Ziel nutze ich den Indiviudalverkehr. Weil’s schneller geht. Um einiges sogar.

Heute ist mir das Lächeln fast im Gesicht festgefroren. Was indirekt mit den morgendlichen Temperaturen zusammen hing.

Mein geliebtes Vehikel hatte nämlich zu viel. Beziehungsweise eher zu wenig. Temperatur. -18 Grad war der Punkt an dem heute morgen, trotz dreimaliger Überredungsversuche, die Pferde unter der Motorhaube lieber im Stall blieben und das Lebenslicht im Armaturenbrett immer schwächer wurde. In weiser Voraussicht (oder dunkler Vorahnung) hatte ich meine Bein schon in mehrere Schichten Kleider für selbige gepackt um so gerüstet dann auf Schusters Rappen statt mit einem Hundertspänner gen Arbeit zu reiten.

Zwangsweises umsatteln gehört definitiv nicht zu meinen Stärken. Schon gar nicht bei den Temperaturen und um diese Uhrzeit.

Im Grunde genommen möchte ich nach Jahren nämlich nicht mehr mit dem ÖPNV auf die Arbeit fahren. Aus diversen Gründen. Ich mag es nicht von handy- und mp3-Player-tauben Kindern den vollen Rucksack in die Rippen gerammt zu bekommen, da ihnen ersten niemand gesagt hat, dass sie neben ihrem gut gepolsterten Entenhintern in der viel zu engen Hose noch zirka fünfzig Zentimeter Überlänge haben. Dass man diese auch absetzen kann, davon scheint in den wenigsten Bedienungsanleitungen etwas gestanden zu haben.

Außerdem mache ich mir, gerade um diese Uhrzeit und eben um diese Uhrzeit, unheimlich Sorgen um meine Rente. Wahrscheinlich wird das schon seit Jahrtausenden gesagt und ich habe nur eine denkbar schlechte Linie erwischt, aber wenn diese Kinder unsere Zukunft sind, dann können wir heilfroh sein, wenn sich die Maya nicht geirrt haben und dieses Jahr wirklich die Welt untergeht. Uns bleibt schlimmeres erspart.

Es setzt sich zu diesem Zeitpunkt dann auch noch eine unheilvolle Kausalkette in Gang:

Weil ich kein Auto hatte, kam ich nicht bei meinem Standardbäcker vorbei, was dazu führte, dass ich kein Frühstück hatte und damit auch noch vor dem ersten Kaffee war. Wenige Minuten länger und ich hätte den Weltuntergang persönlich eingeläutet. In der Straßenbahn… heute schon!

Glücklicherweise kam meine Haltestelle und ich musste auch nur zwei mp3-Michelinmännchen auf dem Weg zur Tür aus dem Weg stiefeln. Ich entschuldige mich übrigens nur selektiv… alles andere würde ja implizieren, dass es mir leid tut. Und das wäre ja gelogen. Und das soll man nicht, hat meine Mama gesagt!

Nun gut. Während des eher ereignislosen Intermezzos namens Arbeit brauten sich dann immer mehr die Wolken über dem Feierabend zusammen, der ja wieder mit dem ÖPNV verbunden war. Da ich stolzer Besitzer einer Tageskarte war, sollte diese auch genutzt werden. Maximales Vergnügen bis zum Hauptbahnhof. Der echte Blogger in mir wollte nun endlich zwei Dinge in Angriff nehmen, die schon lange fällig waren:

  • Einen neuen Gürtel bei C&A finden
  • Einen Anti-Stress Cappucino im D.O.C.

Aber wie alles was schön und gut ist, hatte auch dieses Vorhaben seinen Preis. Neben dem Fahrpreis, den man ja rechtswidrig noch hätte umgehen können, der Preis der geistigen Gesundheit, der, meiner Meinung nach, ein viel zu hoher ist!

Als da zu nennen wären…

  • …die Horden, die wahrscheinlich von den Hunnen abstammen, und glücklich sind über diese Temperaturen, weil sie dann niemand mehr damit beleidigen kann, dass ihre Intelligenz unter der Aussentemperatur liegt
  • …Pädagogikstudenten, die es, nach eigener Aussage, für absolut unzumutbar halten nach fünf Stunden gammeln in der Uni auch noch etwas produktiv zu tun um ein bisschen Geld in die eigene Kasse zu spülen. (Frühestens ab dem 5. Semester, wenn man nicht mehr so oft heim fährt und dann auch nur so jeden zweiten Freitag. Ich frage mich manchmal was ich falsch mache…)
  • …Abiturientinnen, bei denen ich mich frage ob wir früher auch so waren oder ob wir nur gefühlt einen gewissen Grad an Reife an den Tag gelegt haben.
  • …alte Menschen, die binnen zweier Haltestellen ihre komplette Krankheitsakte der letzten zwei Jahre offen legen, dass man sich fragt, warum die Datenschützer so ein Problem mit der Gesundheitskarte haben. Ich weiß jetzt zumindest, von welchem Arzt der ältere Herr hinter mir bei seinen Blasensteinen empfohlen bekommen hat, dass er viel trinken solle, wann die Praxis Urlaub hatte und dass man ihn, wenn das mit dem Trinken nicht klappen sollte, operieren müsse. In Ausführlichkeit…
  • …Mütter, die sich optisch nicht sonderlich von der Kelly-Family und den Pädagogik-Studentinnen unterschieden haben, aber die Weiterfahrt der Bahn um (Achtung! Übertreibung) ca. 10-15 Minuten verzögert haben, weil sie erst die geltenden Vorfahrtsregeln für Kinderwägen beim Betreten und Verlassen einer Straßenbahn ausdiskutieren mussten. Wahrscheinlich sind das die Fälle in denen die Anzeige beim Herrn Thees einfach verzweifelt blinkt und nichts passiert!

Es ist am Ende dann doch schön, nach Stunden den Bus zu verlassen und einfach zu genießen, dass man nur für sich ist.

Noch dankbarer war ich, als ich nochmal bei meinem Auto vorbeischaute und beim Drehen des Zündschlüssels von allen Pferdchen fröhlich angewiehert wurde.

Es sind einfach die kleinen Dinge im Leben die einen glücklich machen!

PS: Es wundert mich, dass noch keiner auf die Idee gekommen ist in Würzburg einen ÖPNV-Blog zu machen. Ich glaube, da würde Stoff für Jahre dabei rumkommen… Aber wahrscheinlich will das einfach niemand. Man verdrängt es lieber. Alles andere würde zwangsläufig nur in den geistigen Abgrund führen. Und wer will das schon…

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2 Comments

  1. Als täglicher ÖPNV-Nutzerin, meistens gleich mehrerer Buslinien, kann ich nur dazu raten: Verdrängen. Alles andere lässt einen irgendwann vor den Bus statt in den Bus springen. Hörbücher sind meine Rettung. Meistens. Der Wicht, der in der 20 kurz nach vier immer absolut rücksichtslos seinen Ranzen einsetzt, um Wege zu gehen die schlicht und ergreifend schon verstopft sind, wird demnächst noch ein Stück kleiner werden.

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