Bug-City oder Feature?
Mit meiner bekennenden Hassliebe für Sim City hätte ich nicht gedacht, dass mich Cities Skyline 2 so reinsaugt. Immerhin ist es ja noch mehr: Mehr Stadt, mehr Simulation, mehr komplex… Oder zumindest war es so angekündigt dass es mehr sein sollte. Bis dann der Entwickler kurz vor Release die Hosen runtergelassen hat und zugeben musste dass es auch noch ein anderes „mehr“ ist: Mehr nicht performant. Und, wie ich jetzt nach mehreren Stunden festgestellt habe, in einigen Fällen auch mehr Bugs zu all den Features.
Aber fangen wir positiv an, immerhin habe ich schon ein paar Stunden Spaß mit dem Spiel gehabt. Und es ist kostenlos im Gamepass. Also habe ich im Grunde erstmal nichts über das ich mich wirklich ärgern könnte. Nicht wie bei der Bugseuche F1 22, für die ich auch noch Geld ausgegeben habe.
Man plant also eine Stadt, legt Straßen an, weist Gebiete zu und sieht zu wie die Einwohnerzahl von einem kleinen Dorf über eine Klein- zu einer Großstadt wächst. Man kümmert sich um die Bedürfnisse seiner Einwohner, baut Schulen, Polizei, Müllabfuhr und Feuerwehr. Dabei darf man auch so einfache Dinge wie einen Friedhof nicht vergessen, denn gestorben wird auch. Und man sollte seine Wohngebiete nicht in der Windrichtung der Schwerindustrie bauen. Auch das mögen die Einwohner nicht so. Soweit so gut und bekannt. Schön ist, dass man nach und nach Erfahrungspunkte sammelt, Level und neue Gebäude freischaltet. Und, das ist besonders hilfreich am Anfang, es wird Geld in die Stadtkasse gespült. Der Punkt an dem die Stadt ordentlich rentabel war, kam bei mir erst ab einem größeren Stadtniveau.
Irgendwann fingen die Probleme an. Ich wollte sie ja erst meinen Einwohnern in die Schuhe schieben oder meiner mangelnden planerischen Fähigkeit, aber ein kurzer Ausflug ins Internet hat mich eines besseren belehrt. Weder ich noch meine Einwohner waren Schuld.
Das was in aller Munde ist, ist natürlich die grottige Performance. Wenn sich der Hersteller vorher schon entschuldigt, dass man nicht die Performance erreicht, die man angepeilt hat, dann ist das zum einen ein ganz schlechtes Zeichen und zum anderen fragt man sich, warum es dann überhaupt rausgebracht wurde statt das Thema nochmal anzugehen. Findige Menschen rund um den Globus haben nach einiger Recherche dann auch schnell die Lösung gefunden, warum das Spiel so schlecht performt. Und so lustig es im ersten Moment klingt: Es liegt an den Zähnen der Einwohner. Die interessieren einen ab einer bestimmten Zoomstufe ersten gar nicht mehr und zweitens sieht man sie auch so nicht, weil die Münder geschlossen sind. Sie sind aber da und müssen von der Grafikkarte berechnet werden. Was fehlt ist ein System zu Skalierung der Details. Und das fehlt nicht nur bei den Zähnen sondern auch beim Pförtnerhäuschen des Parkhauses in dem zwei Monitore mit Tastatur und Kabel stehen. All das in Summe macht es der Grafikkarte ordentlich warm und sorgt dafür dass das Spiel ruckelt. Das ist natürlich nichts was sich mal schnell rauspatchen lässt, sondern da muss jemand nochmal ordentlich an der Engine drehen
Wenn das der einzige doofe Bug wäre, wäre das ja okay. Ist es aber leider nicht. Verkehr ist nämlich auch so ein Thema, was mich endlos nervt. Ich habe mit einer Autobahnabfahrt begonnen und bin regelmäßig im Stau ertrunken. Die Beginnerautobahnabfahrt war nicht so gut designt und genau wie im echten Leben haben die virtuellen Autofahrer keine besondere Affinität zum Reißverschlussverfahren. Also habe ich zwei Dinge probiert: ÖPNV und eine weitere Autobahnabfahrt. Genau wie im echten Leben war ÖPNV ein Griff ins Klo und hat nix gebracht. Keiner fährt mit dem Zug, alle kommen mit dem Auto aus der Nachbarstadt. Güterverkehr auf die Schiene verlagern hat auch nicht geklappt. Da kamen trotzdem noch viele LKWs quer durch meine Stadt. Auch das: Sehr realitätsnah. Die zweite Autobahnabfahrt hat aber auch nur so teilweise geklappt. Ich glaub das I in KI ist hier im Verkehr nicht so wirklich intelligent. Statt durchzufahren stellt man sich lieber kilometerweit für eine Abfahrt an. Und ich meine kilometerweit!
Was mir irgendwann auch aufgefallen ist, wer da in der Schlange steht, waren Müllwagen. Und Rettungswägen. Die Müllautos waren aus der Nachbarstadt und haben einfach mal ihren Müll in meine Verbrennungsanlagen und Deponien gebracht. Ich hab mich dann schlagartig nicht mehr gewundert, warum mein Entsorgungsbetrieb nicht mehr hinterherkommt. Das gleiche bei den Rettungswägen: Zehn nacheinander. Alle auf dem Weg zum meinen Krankenhäusern. Gibt es eine Funktion so einen Import zu unterbinden? Nein. Importiert auch meine Industrie fröhlich aus der Nachbarstadt. Na klar… Da spannt sich dann auch wieder der Bogen zum Güterverkehr auf der Schiene. Meine Einwohner fanden es nämlich irgendwann uncool wie das mit der Post läuft. Während mein Sortierzentrum genau gar nichts getan hat. Des Rätsels Lösung lag im Bahnhof. Da stapelten sich 200 Tonnen Briefe, die keiner abgeholt hat. Und auch sonst hat niemand dran gedacht, Briefe anderweitig zu transportieren. Also blieb das alles liegen. Der einzige Fix: Güterbahnhof abreißen. Inzwischen weiß ich, dass das gleiche auch für den Hafen gilt. Wenn Features das Spiels andere Features zerschießen, dann ist das schon sehr frustrierend.
Der kaputte Import und Export schreckt da auch vor Kindern nicht zurück: Statt in die Grundschule um die Ecke zu gehen, pendelt man in die Nachbarstadt.
Generell ist das Thema Müll eh so ein Problemfeature für mich. Es gibt nämlich nur zwei Optionen, die eigentlich keine sind: Deponie oder verbrennen. Oder eigentlich ist es Deponie und verbrennen. Um über die Runden zu kommen mit meinen 85 000 Einwohnern, habe ich aktuell zwei Deponien und vier Verbrennungsanlagen. Die Deponie verseucht den Boden, die Verbrennungsanlage hinterlässt eine nette Abgaswolke. Anders wird man den Müll aber nicht los. Man kann durch Recycling und Mülltrennung die Menge reduzieren, aber so wirklich super ist das alles nicht.
Wie man auf den Bildern auch sieht, beschweren sich die Geschäfte regelmäßig, dass ihnen die Kunden fehlen. Gleichzeitig sollen aber mehr Geschäftsflächen entstehen. Auch hier ist das Spiel irgendwie schräg drauf. Am Ende ist da auch noch die Situation mit der Wohnfläche: Logik des Spiels ist es, dass Menschen mit wenig Geld in Gegenden leben wollen, die nicht so dicht besiedelt sind. Ich meine, sieht man ja in der Realität eigentlich schon immer. Leute mit wenig Geld haben ein freistehendes Haus mit viel grün, während sich die Reichen in den Hochhäusern tummeln, weil es viel mondäner ist.
In Summe raubt einem all das, dann die Freude am spielen. Ich warte mal was jetzt noch an Fixes kommt. Ab Stadtniveau gibt es keine neuen Features mehr, die man noch freispielen müsste. Es wird halt alles nur noch viel größer.
In so fern: Wer es zum Beispiel im Gamepass testen kann, macht es einfach. Alle anderen: In dem Zustand würde ich da kein Geld für ausgeben.
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