Dem Mann muss langweilig sein.
Anders kann ich es mir nicht erklären, dass Tommy Krappweis es neben dem Abdrehen des Mara-Kinofilms, seinem Camping-Buch inklusive Promo-Tour mit seinem Vater, der Band Harpo Speaks!!, Familie, Gast-Auftritten bei den Jungs von High5, neuen Folgen von Bernd das Brot und der Produktion von mehreren TV-Shows in Kooperation mit der Augsburger Puppenkiste an einem Sonntagabend noch schafft, sich durch die Timeline seiner, bei Facebook ja maximalen Anzahl, 5000 Freunde zu scrollen und eine ungetaggtes, unverlinktes Instagram-Foto zu liken und zu kommentieren.
Kein Wunder, dass der Mann Sonntags an der Tankstelle einkaufen muss…
Ja, neben all dem was er sonst noch so macht, hat er eben auch noch ein neues Buch namens „Vier Fäuste für ein blaues Auge“ geschrieben. Zusammen mit Heinz Bründl erinnert er sich an seine Zeit in der „authentischsten Western-Stadt Europas“ No Name City in Poing bei München.
Die zwei plaudern locker über’s richtige Fallen, das Essen, erste Hilfe auf die harte Tour und zeichnen vor allem ein sehr liebvolles Bild der Charaktere, mit denen sie über all die Jahre zusammengearbeitet haben. Beim Lesen konnte ich gar nicht anders, als dass sich vor meinem geistigen Auge eine Westernstadt erhob und mit Personen bevölkerte, die in mehr oder weniger comichaftem Stil ihrer täglichen Arbeit nachgingen.
Und es sind nebenbei seltsame Dinge passiert: So habe ich die etwas mehr als 250 Seiten und über 40 Kapitel nicht nur in weniger als einer Woche geradezu verschlungen sondern mal lauter und mal leiser hinter dem Buch lachend meine Freundin und das eh nicht so dolle Fernsehprogramm ignoriert und mehrfach fast meine Straßenbahnhaltestelle verpasst, weil ich noch wissen wollte, wie das Kapitel zu Ende geht. Dass ich morgens um halb 7 in der Straßenbahn ein Buch lese, darf an dieser Stelle als das vielleicht größte Auszeichnungsprädikat verstanden werde. Das kommt sonst so gut wie nie vor.
Das Buch hat mich einfach nicht losgelassen und es bietet ich mit seinen kurzen Episoden auch geradezu an, mal schnell ein paar Seiten zwischendurch zu lesen oder es, wie in meinem Fall, einfach wegzufressen. Verstärkt wird das ganze noch dadurch, dass man sich Heinz Bründl und Tommy Krappweis bei der Unterhaltung sehr gut vorstellen kann, wenn man z.B. mal in die DVD „Vorzelt zur Hölle“ reingeschaut hat. Der Wechsel zwischen dem eigentlich Buchtext und den Dialogen ist auch wesentlich besser gelungen als die Pseudo-Einschübe in so manch anderem Buch. Ich hatte immer das Gefühl, dass mir da jemand eine kleine Geschichte erzählt und der andere immer nur kurz etwas einwirft, was zeigt, dass die drei Tage Unterhaltung zwischen Heinz Bründl und Tommy Krappweis fast perfekt übernommen wurden.
Zwei klitzekleine Kritikpunkte habe ich trotzdem, von denen einer eigentlich gar keiner ist.
In der Mitte des Buches finden sich ein paar Seiten mit Bildern aus der Zeit von No Name City. An sich eine tolle Idee, wenn man über reale Personen schreibt. Dummerweise hatte sich an dem Punkt des Buches in meinem Kopf an Hand der Beschreibung schon eine Vorstellung manifestiert, die so gar nicht zu den gezeigten Personen passte. Also ein bisschen wie wenn man sich die Verfilmung eines Buches ansieht und sich noch im Kino denkt: Den hatte ich mir aber jetzt ganz anders vorgestellt. „Glücklicherweise“ wurde meine Vorstellung in der zweiten Hälfte des Buches nicht von den Bildern überlagert und ich habe auch nicht zurückgeblättert um zu schauen wie diese oder jene Person jetzt aussieht.
Der zweite Punkt richtet sich an das Ende. Sowohl des Buches wie auch eben von No Name City. Das Ende der Westernstadt hat ganze zwei Kapitel bekommen nach denen man am Ende nicht schlauer war als vorher bzw. nur durch lesen zwischen den Zeilen erraten konnte, warum es mit der Stadt zu Ende ging.
Vielleicht konnte, durfte oder wollte man nicht sagen, warum Heinz Bründl „sein Baby“ verlassen hat, aber als Leser stand ich doch ein bisschen dumm da als ich las, dass die Stadt ohne ihn zu Grunde ging und auch nur am Rande angedeutet wurde, dass da wohl Geld aus der Stadt für ein anderes Projekt abgezogen wurde.
Aber trotz dieser beiden kleinen Wermutstropfen war es vor allem eines: Ein sehr lustiges Buch, das genau meinen Humor getroffen hat.
Perfekte Urlaubslektüre eigentlich!
…wenn sie es denn bis zu meinem Urlaub geschafft hätte.
Vier Fäuse für ein blaues Auge
Heinz J. Bründl / Tommy Krappweis
Knaur Taschenbuch 2013
304 Seiten
8,99 € (Buch, wie eBook)
ISBN: 978-3-426-78572-0
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