Klein(st)verlage – Ihr nervt!

Ich gebe es offen und ehrlich zu:

Als Konsument nervt mich das Rumgeheule der Klein- und Kleinstverlage, dass sich scheinbar alle eine goldene Nase an ihren Büchern verdienen, außer dem Verlag selber.

Die Schuldigen sind immer die Anderen. Seien es nun die Buchhändler, die nicht über unlimitierten, kostenfreien Lagerplatz verfügen und die Bücher der Nischen-, Rand- und Kleinverlage nicht in der allerersten Reihe präsentieren. Oder die Zwischenhändler, die sich an 50 % Rabatt und mehr auf den Verkaufspreis doch glatt eine goldene Nase verdienen.

Was mich an der Stelle da als erstes aufregt, ist immer der Blick darauf, wer sich da aufregt. Das sind nicht die großen mit einem breit gefächerten Programm für jung bis alt, sondern wirklich irgendwelche Nischenverlage oder eben Nischenverlage, die dann schon wieder eine Nische innerhalb einer Nische bedienen. Deren Kunden ist eben nicht Joe Sixpack, der im $großeBuchhandelskette nur schnell ein bisschen leichte Lesekost haben will, die niveaumäßig irgendwo zwischen 50 Shades und einer seichten Liebesschmonzette einer berühmten Massenautorin rangiert. Verlage, deren Anzahl Mitarbeiter man wahrscheinlich an einer Hand abzählen kann. Was ja nicht unbedingt was schlechtes sein muss…

Aber wenn man dann schon heult, dann sollte man sich doch seiner Stellung bewusst sein. Dass in einer Buchhandlung Platz begrenzt ist, sollte einem als Verlag schon irgendwie klar sein. Dass der Buchhändler vielleicht lieber dreimal für einen Kunden ein Buch bestellt, statt sich fünf Exemplare ins Lager oder Regal zu legen, das 95% seiner Kunden nicht interessiert, auch dafür sollte man Verständnis haben, statt gleich persönlich beleidigt zu sein, dass der sich rausnimmt selber zu bestimmen, wie er mit seinem Laden den meisten Umsatz machen kann und vielleicht selber besser weiß als der Verlag, mit was er bei seiner Kundschaft Geld machen kann und was nur ein teurer Staubfänger ist.

Vielleicht passt es auch einfach nicht ins Angebot der Buchhandlung. Wenn ich in einer Fachbuchhandlung meinen Hellboy bestelle, weil ich es kann, dann heißt das noch lange nicht, dass sich der Hellboy zwischen HGB, BGB oder medizinischen Fachbüchern dann toll verkauft. Sicherlich ist das bitter für den Verlag, aber die meisten kleinen Verlage sind eben nicht der Nabel der Welt, auch wenn sie es vielleicht gerne wären oder so hätten.

Das andere was mich nervt ist die Mär davon, dass die Buchhändler eine goldene Nase verdienen. Oder eben die Zwischenhändler. Zugegeben, beim Thema Kaffeehandel in der 12. Klasse war einem Mitschüler und mir schon gleich klar, dass wir unseren Berufswunsch korrigieren müssen und Zwischenhändler werden müssen. Soviel also dazu, dass das ein reines Problem der Buchhandelsbranche ist.

Auch hier habe ich das Gefühl, dass eigene Horizont der eigene Tellerrand ist und bitte kein Stück weiter gedacht werden soll. So ist es ein großer Aufreger, dass der Zwischenhändler einen Rabatt von um die 50% auf den VK möchte. Abgesehen von der nackten Zahl die bei sowas dann rauskommt, sollte man sich als Verlag dann auch klar darüber sein, was da daran hängt.

Nachdem der Drucker die Bücher an die Vertriebsgesellschaft geliefert hat, muss die die Bücher irgendwo auch lagern. Ich gehe mal davon aus, dass in den meisten Fällen wahrscheinlich entweder ein sehr großes Lager sein wird, weil man ja nicht nur ein Buch auf Lager hat, sondern auch noch zwei oder drei andere. Oder eben ein schickes Hochregallager, die es auch nicht ganz für umsonst gibt. Denn, auch das scheint für einen Kleinverlag eher nicht vorstellbar zu sein, die Menschen die dort arbeiten oder angestellt sind, machen das nicht wegen Luft und Liebe, sondern weil sie davon sich und ihre Familie ernähren müssen. Bis hierhin sind Zwischenhändler also schon Kosten für Personal und Gebäude entstanden, die der Verlag so gar nicht hat. Dazu kommt, dass der Kunde am Ende ein Arsch ist und sein Buch auch noch am nächsten Tag haben möchte. Obwohl das falsch ist: Der Kunde ist sogar so ein Arsch, dass er das Buch gleich haben möchte. Zumindest in manchen Fällen ist das so ein Arsch. Also muss der Zwischenhändler auch noch als Dienstleister einspringen und zwei Dinge haben: Ein Portal über das man das ganze Abwicklen kann und eine Logistikkette, die sicherstellt, dass wenn er Kunde um 17 Uhr bestellt, das Buch trotzdem am nächsten Morgen um 9 in der Buchhandlung ist. Versuchen sie das mal mit der Post… Viel Erfolg.

Folglich kommen auf die Kosten noch eine IT-Abteilung und wahrscheinlich Fahrer und Fuhrpark drauf.

Jetzt hat der Zwischenhändler das gleiche Problem wie der Verlag mit dem Zwischenhändler: Die blöden Buchhändler wollen auch noch was verdienen und machen das ganze (eigentlich…) nicht nur deshalb weil sie sonst den ganzen Tag gelangweilt zu Hause sitzen würden. Also kann der Zwischenhändler seine sauer erpressten 50% Rabatt nicht mal vollkommen für sich behalten, sondern muss dem Buchhändler auch noch ein bisschen Rabatt beim Einkauf geben, damit der seine Miete, sein Leben und sein Personal bezahlen kann. Ich mag mich täuschen, aber ich habe bisher keinen Buchhändler kennengelernt, der jeden Tag eine erfrischende Gelddusche nimmt, nur weil er’s kann.

Im Grunde bleibt also jedem Verlag, der sich beschwert nur folgendes übrig:

Die Zwischenhändler ausschalten aber dann direkt mit dem Arsch-Kunde zu tun haben, der sich dann beschwert warum sein Buch nicht da ist und vollkommen uneinsichtig ist, dass das nicht Schuld des Verlags ist, dass die Post länger braucht und auch noch uneinsichtiger ist, warum er auch noch Versandkosten bezahlen muss. Natürlich mit dem Effekt, dass der Verlag jetzt selber Lagerfläche vorhalten muss und selber ein Shop-System haben muss. Meistens geht das dann auf Kosten der Backlist, wie man regelmäßig bei CrossCult sieht, die auch gerne mal relativ neue Artikel schnell wieder rausschmeißen, weil sie scheinbar zu viel Platz im Lager brauchen.

Oder der Verlag hört einfach auf, weil es sich nicht lohnt. Soweit ich das sehe, bin ich da auf einer Linie mit dem Finanzamt, das ganz klar sagt, dass Gewerbe ohne Gewinnerzielungsabsichten Liebhaberei sind und deswegen steuerlich eher ein Problem haben.

Sollten die Verlage in keiner der beiden Kategorien glücklich werden, dann bleibt aus meiner (Kunden)Sicht nur eines:

Hört auf rumzuheulen! Das nervt. Und auch wenn es weh tut das einzusehen: Ihr seid leider nicht alleine auf der Welt.

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