Gran Failismo

Gran Failismo

Verfilmungen zu Videospielen sind ja immer so eine Sache. Der erste Name, der mir in diesem Zusammenhang immer einfällt ist Uwe Boll. Produzent und Regisseur von Verfilmungen von Alone in the Dark, Bloodrayne, Postal und Far Cry. Letzteres mit Til Schweiger in der Hauptrolle. Auch Verfilmungen von Tomb Raider und Wing Commander sind durchwachsen bis schlechter als die Cutscenes ihrer Vorbilder. Immerhin, und das muss man den Vorlagen zu gute halten, gab es hier immer eine rudimentäre Storyline an der man sich entlanghangeln konnte. Bei der Verfilmung von Gran Turismo als Rennspiel ohne echte Kampagne hatte ich da so meine Zweifel. „Basierend auf einer wahren Geschichte“ ist aber ein guter Aufhänger.

Der Film erzählt, lose angelehnt an die echte Geschichte von Jann Mardenborough, die Geschichte eines Sim-Racers, der über sein eSport-Talent den Sprung in den echten Rennsport schafft. Die Zielgruppe des Films dürfte also sehr begrenzt gewesen sein. Als ich den Trailer vor Indiana Jones gesehen habe, hatte ich kein Bedürfnis, den Film im Kino zu sehen, weil die Trailerbilder schon so wenig versprechend aussahen. Also warten bis er, for free, beim Streaming auftaucht.

Und es war eine gute Entscheidung. Klar macht Sony in einem eigenen Film gleich auf dicke Hose beim Exklusivtitel: Entwickler darf wichtig in die Kamera schauen und Hände schütteln und man stapelt nicht tiefer, als dass er die realistischste Rennsimulation der Welt erschaffen wollte. Wenn das das Ziel war: Hat nicht geklappt. Jeder der mal Gran Turismo im Vergleich zu einem Assetto Corsa gespielt hat, wird selber feststellen, dass Assetto mal ne ganz andere Hausnummer ist. iRacing, rFactor und sonstiges Hardcore-Zeug ganz außen vor. Aber hey, ich finde es gut, wenn man sich selber gleich in den ersten Minuten des Films auf die Schippe nehmen kann.

Erinnern wir uns dann nochmal an die Zielgruppe: Menschen, die Stunden (viele) damit zubringen, virtuell über Rennstrecken dieser Welt zu prügeln. Man kann getrost davon ausgehen, dass die Klientel in drei Dingen fit ist

  • Rennstrecken
  • Gran Turismo

Wo versagt der Film? Ja, genau… Ich glaube, ich muss die Liste nicht wiederholen. Wenn einer der besten Simracer der Welt im Spiel, deutlich sichtbar, die Hilfe für die Bremszonen, Ideallinie, Bremsassistent und Traktionskontrolle (und davon sehr viel sogar) braucht, ist die Glaubwürdigkeit schon lachend zur Tür rausgerannt. Nette Idee die Schauspieler selber fahren zu lassen. Blöde Idee, wenn man dann eben sieht, dass der Schauspieler nicht so fit im Simracing ist.

Blöder wird es dann wenn man dick einblendet, dass man in Silverstone auf der Rennstrecke ist, aber weder die Tribüne, die Boxengasse oder auch nur die Fahrtrichtung der Strecke zur Rennstrecke in Silverstone passen. Man hat sich scheinbar nicht mal ansatzweise Mühe gegeben. Also irgendwie schon, denn man hat in Ungarn am Hungaroring gedreht. Das Internet meint, da wäre es wohl günstig und staatlich subventioniert. Dass man die Fahrer dann gegen die Laufrichtung des Kurses losgeschickt hat, ist dann auch noch dumm, denn bei einem Crash wäre man nicht an der Leitplanke entlang geruscht sondern die überlappenden Leitplanken hätten das Auto einfach aufgerissen. Es gibt halt Gründe, warum Rennstrecken im echten Leben immer in eine Richtung befahren werden. Ein bisschen Geld hatte man wohl auch noch für andere Rennstrecken wie den Red Bull-Ring und eine Runde auf dem Nürburgring übrig, aber in vielen Fällen: Hungaroring. Sogar soweit, dass man digital Features von LeMans hineingearbeitet hat. Inklusive Schriftzug und Podium. Leider bleibt es in der Luftaufnahme einfach nur Ungarn.

Warum nur eine Runde auf dem Nürburgring? Die dramatischen Verfolgungs- und Überholszene haben in der Kurvenkombination keinen Sinn ergeben. Dafür gab es in wilder, zusammenhangloser Reihenfolge die Kurven Hatzenbach bis Flugplatz mehrfach nacheinander. Ich tippe auf Portale, durch die die Rennwagen immer wieder zurückgesetzt wurden. Ikonische Streckenteile wie Exmühle oder eines der beiden Karusselle? Fehlanzeige. Da die Challenges von GT regelmäßig über die Nordschleife führen, ist das sicher auch keinem aufgefallen. So oder so, bei den Rennstrecken hat man sich nicht mit Ruhm bekleckert.

Am Ende ist der Film „ganz nett“ obwohl ich mich gefragt habe, ob Orlando Bloom einen Unfall mit seinem Gesicht hatte. Aber wahrscheinlich hat er nur versucht irgendwas mit Mimik zu machen. Sah halt aus wie ein Unfall und war sehr irritierend. Wenn ich dann aber einen Rennfilm zu selbsternannten „realistischten“ Racing-Sim mache, dann sollte der Film da auch in den Details zu Rennstrecke und Spiel irgendwie hinkommen und nicht sauber genau an der Stelle versagen. Vielleicht war’s ja auch ein Uwe Boll. Nur dieses Mal unter einem Pseudonym.

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