Andor

Andor

Cassian Andor ist er Typ, der am Ende von Rogue One mit Jyn Erso am Strand von Scarif sitzt. Und genau dem hat Disney+ in den letzten Jahren zwei Staffeln einer eigenen Serie im Star Wars Universum gewidmet. Und ja, dieser Text wird unter Umständen eventuell Spoiler enthalten. Es ist also noch Zeit zu gehen und was anderes zu lesen.

Disney hat in den letzten Jahren bei Star Wars Serien ziemlich Gas gegeben. Vor allem unter der Regie oder Schirmherrschaft von Dave Filoni, der z.B. der Kopf hinter Clone Wars ab 2008 war. Oder The Baby Yoda Show The Mandalorian. Nicht alles von dem was Disney da als Serie rausgebracht hat, war unbedingt Premiumware. Book of Boba Fett war so schrecklich dass man schon gleich in der ersten Staffel den Mando als Cameo auftreten lässt, was sich anfühlt als hätte man gewusst dass das irgendwie nicht so zieht. Das ist auch die Serie, die mit der Vespa-Gang in die Geschichte eingegangen ist. Der beste Beitrag der Serie ist auf jeden Fall der Einblick ins Leben der Tusken. Obi-Wan (als Serie) hat keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Acolyte habe ich nicht mehr als die ersten anderthalb Folgen geschafft. Ashoka ist eher was für die Hardcore-Fans, weil es schnell Querverweise zu Rebels gab. Und The Mandalorian? Hatte auch gute und schlechte Staffeln. Ich meine, in der zweiten Staffel hatte es ein bisschen sehr den Hang aufzufasern. Die abschließende Staffel Clone Wars war mit einer epischen letzten Folge ein Highlight. Skeletton Crew ist ein bisschen Goonies im Weltall. Kurz: Man war irgendwie zufrieden wenn es unterhaltsam war und nicht komplette Grütze. Und dann kam 2022 Andor… Und wer jetzt noch weiterliest ist selber Schuld.

Andor hat nichts mit dem Hutträger zu tun, sondern ist von Tony Gilroy und die Vorgeschichte zu Rogue One. Rogue One ist wieder die Vorgeschichte zum ersten Star Wars Film von 1977. Und Rogue One kommt ohne Jedi-Kräfte und Lichtschwerter aus (also fast…) sondern erzählt als sehr erwachsener (Kriegs-)Film wie die Rebellen an die Pläne für den Todesstern gekommen sind. Ich liebe Rogue One dafür. Weil es eben keine Weltraum-Fantasy. Ich liebe Rogue One auch dafür dass das erste Mal die Shoretrooper auftreten. Sandfarbene Strandliebe. Aber wir waren ja bei Andor…

Andor hat in Staffel 1 das Konzept von Rogue One noch einen Schritt weiter getrieben. Das Imperium wird sehr direkt und ohne viele um den heißen Brei zu reden als das dargestellt, was es eigentlich schon immer war: Ein faschistisches Regime mit willkürlichen Strafen, riesigen Gefängnissen, Zwangsarbeit und einem allgegenwärtigen Geheimdienst. Und einer Rebellion, die noch nicht so heißt, aber auch nicht unbedingt nur als „Die Guten“ durchgehen kann. Die ganze Staffel ist voller Freundschaft, Verrat, Ver- und Misstrauen. Und durch die Erzählweise und den noch dreckigeren Look noch intensiver als Rogue One. Und schon mit einem großartigen Charakter-Building. Es ist ein Blick in eine Welt im Umbruch. In der Politik und für die Menschen auf den Planeten. Andor Staffel 1 war sehr sehr gut. Und dann kam die Ankündigung für Staffel 2…

Staffel 2 hat beim Storytelling nochmal einen oben drauf gesetzt. Auf den ersten Blick wirkte es wirr, dass man immer drei Folgen auf einmal herausgebracht hat und das bei einem Streaming-Dienst, der eigentlich möglichst lange die Leute bei der Stange halten will. Vier Arcs gibt es. Zwischen jedem liegt ein Jahr vor der Schlacht von Yavin (BBY abgekürzt). Andor ist hier also nicht more of the same sondern bricht schon beim Format mit Konventionen. Die Arcs sind in sich geschlossen. Es gibt also am Ende der Woche keinen brutalen Cliffhanger. Man will einfach so wissen wie es weitergeht. Und es baut über die ersten beiden Arcs die Welt, die Spannung in der Welt und zwischen den Charakteren immer weiter auf. Wir lernen jeden der Hauptcharaktere irgendwie kennen und lernen was ihn antreibt. Man spürt am Ende des zweiten Arcs, dass da was kommt. Dass sich da was zusammenbraut, was sich irgendwann entladen wird. Andor nimmt dabei auch kein Blatt vor den Mund. Als das Imperium den Farm-Planeten Mina-Rau inspiziert, tut es das in sandfarbenen Schwebekübelwagen und einem Schwebehalbkettenschützenpanzerwagen. Gepaart mit dem Look der Truppen erinnert es sehr ans Afrika Korps aus dem zweiten Weltkrieg. Gilroy schreckt auch nicht davor zurück eine versuchte Vergewaltigung zu zeigen. Und ja, zeigen. Nicht nur andeuten. Spätestens hier merkt man, dass Andor anders ist. Dass Disney mittlerweile „entspannter“ mit Gewalt umgeht, wie man ein Daredevil und Deadpool sieht.

Für mich persönlich war der dritte Arc dann am schlimmsten. Aus all den Andeutungen war klar, dass in Ghorman etwas passieren würde. Einem Planeten, der für seine Stoffe bekannt ist, auf dem die Ghor eine Sprache sprechen, die an Französisch erinnert, aussehen wie Franzosen und auch die Architektur (inklusive dem großen pyramidenförmigen Gebäude) an Frankreich erinnert. Allein hier zwei Sprachen von Grund auf zu entwickeln und den Zuschauer akustisch immer wieder in die Irre zu führen, dass es Französchisch ist: Wahnsinn. Wahnsinn dann eben auch die Spannung, was passieren würde. Oder besser, wie schlimm das Imperium auf Ghorman zuschlagen würde um seine Interessen zu vertreten. Denn Ghorman ist im Star Wars Universum keine Unbekannte. Vor der Übernahme von Disney war das „Massaker von Ghorman“ einer der Auslöser für die Rebellion. Das was bis zum dritten Akt als Massaker verkauft wurde, war aber zu „harmlos“. Ich sag nur so viel: Ich hatte durchgehend Puls und es war schlimmer als ich dachte. Der Gedanke, mit meinem Sturmtruppler jemand gegenüber zutreten, der Andor gesehen hatte, war unbehaglich. Im Kontrast dazu stand dann die Hochzeit im Stil der Chandrila von Mon Mothmas Tochter. Auch hier hat man aus einer Randbezeichung irgendwo eine komplette Kultur kreiert. Auch das wieder: Wahnsinn.

Der letzte Arc hat dann sehr elegant die Brücke geschlagen zu Rogue One und zu A New Hope. Charaktere die in beiden Filmen auftauchen, wurden eingeführt und an ihre Rolle geführt. Die Optik wurde angeglichen, Wege eingeschlagen, wichtige Sätze gesagt. Und damit kommt dann auch nichts mehr. Andor ist fertig. Es hat elegant an Rogue One angedockt. Und Andor hat erstmal keine Fragen offen gelassen. Wenn man weiß, wie Rogue One ausgeht, sind manche Sätze und Abschiede sehr schwer zu ertragen. Was bei mir als Zuschauer bleibt (und da bin ich nicht alleine): Star Wars durchgespielt. Entschädigung für das viele mittelmäßige in den letzten Jahren. Ein bisschen traurig, weil wahrscheinlich auf Jahre nichts kommen wird, was so eine erzählerische Wucht haben wird. Immerhin lagen zwischen Rogue One und Andor auch 6 Jahre. Und ein bisschen traurig, weil es nie die Episode geben wird, in der K2-SO von Andor auf einem Frachter im Weltall findet im Stil eines Alien-Horrors. Es wäre wahrscheinlich auch großartig geworden. Was eben auch auffällt, ist wie schlecht Episode III ist im Vergleich. Ausgefeilte Dialoge und Storytelling auf der einen Seite, das genaue Gegenteil auf der anderen Seite. Aufwändige Sets zum Anfassen vs. liebloses CGI.

Ich hoffe Disney lernt aus dem Erfolg den Andor hatte und macht mehr so qualitativ hochwertige und gut erzählte Geschichten aus dem Star Wars Universum. Ohne Lichtschwert, ohne magic hand thing. Grau, dreckig und gebraucht, wie das Star Wars Universum eben sein sollte. One Way Out!

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